Presseartikel aus „Die Glocke“ vom 02.September 2021
Redakteurin: Susanne Schulte-Nölle
Rietberg (ssn) – Weniger Flächenversiegelung, mehr Wasserrückhaltung: Mit dieser Formel will die SPD den Klimaschutz in Rietberg vorantreiben. Anwendung finden soll sie nach dem Wunsch der Fraktion künftig bei allen neuen sowie zu ändernden Bebauungsplänen.
Den Anfang möchten die Genossen mit dem Bebauungsplan Nr. 5 „Stennerland“ machen. „Es ist an der Zeit, nicht nur zu planen, sondern zu handeln“, macht Fraktionschef Gerd Muhle beim Vor-Ort-Termin am Eckgrundstück zwischen den Straßen Oesternforth und Oesternforth-West deutlich. Mit „an der Zeit“ meint er die sich mehrenden Starkregen- und Hochwasserereignisse vor Ort ebenso wie die erst wenige Wochen zurückliegende Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz. All das zeige, dass auch in Rietberg endlich etwas geschehen, dass mehr in Versickerung und weniger in Versiegelung gedacht werden müsse.
„An dieser Stelle hier können wir etwas tun, um diesen Vorstoß zu konkretisieren“, sagt Muhle und weist mit ausladender Geste über das üppig wuchernde Grünbiotop, das im Norden vom Dortenbach und im Osten von Wohnbebauung begrenzt wird. Dort, so sieht es die 58. Änderung des Bebauungsplans vor, für den der Rat im Februar mehrheitlich den Aufstellungsbeschluss im beschleunigten Verfahren – also ohne Umweltprüfung – gefasst hatte, sollen auf rund 5000 Quadratmetern Grundfläche sechs Fünf-Familien-Häuser entstehen. Und damit sechsmal zwei Wohneinheiten mehr als ursprünglich vom Investor angemeldet. Dagegen regt sich nun bei der SPD Widerstand. Die Fraktion befürchtet: Mehr Wohnraum bedeutet mehr geschlossene Fläche, über die Wasser nicht abfließen kann.
Deshalb beantragt sie im nächsten Stadtentwicklungsausschuss am Dienstag, 7. September, einen neuen Aufstellungsbeschluss zu fassen mit einem Planungsgebiet, das um das nördlich vom Dortenbach gelegene Flurstück 505 erweitert wurde. Darüber hinaus soll ein Planungsbüro damit beauftragt werden, Kriterien der Regenrückhaltung sowie Wasserspeicherung mit gegebenenfalls einer Aufweitung des Bachs zu untersuchen. „Wir sind der Meinung, dass der Dortenbach unbedingt in eine wasserwirtschaftliche Gesamtbetrachtung des Bebauungsplan-Änderungsverfahrens einbezogen werden sollte“, sagt Muhle. Dies sei über die Hinzunahme des genannten Flurstücks möglich. In der Stellungnahme zum Speichersee-Antrag der FDP (diese Zeitung berichtete) empfehle die Untere Wasserbehörde im Übrigen, mehr auf eine dezentrale Niederschlagswasserrückhaltung sowie die Renaturierung von Gewässern zu setzen, wofür das Gebiet am Dortenbach aus Sicht der Sozialdemokraten prädestiniert sei.
Die SPD wolle keinesfalls Wohnungsbau verhindern, unterstreicht Gerd Muhle: „Die Planungen müssen aber naturverträglich sein.“ Mit Blick auf die avisierte Bebauung des Biotops an der Straße Oesternforth haben die Genossen da so ihre Zweifel. Denn der unmittelbar angrenzende Dortenbach sei bei Starkregen schon häufig über die Ufer getreten. Eine derart massive Versiegelung, wie sie das Projekt des Investors mit sich bringe, werde die Problematik weiter verschärfen – mit Auswirkungen auch auf die Ems. Eine Aufweitung des Dortenbachs würde hingegen dazu beitragen, bei starken Niederschlägen das Risiko von Überschwemmungen zu reduzieren.
Vom bewussten Schritt der SPD an die Öffentlichkeit erhofft sich der Fraktionschef nicht zuletzt, dass auch die Anwohner der betreffenden Fläche sensibilisiert werden und etwaige Bedenken gegen die Bebauungsplanänderung im Rahmen der Offenlage äußern – sollte der Antrag der Sozialdemokraten bei den weiteren Ratsfraktionen kein Gehör finden. „Grundsätzlich muss es Aufgabe unserer Planung sein, der unnützen Versiegelung entgegenzuwirken. Außerdem müssen wir uns fragen: Was hat Einfluss auf die Biodiversität, was auf ein gutes Stadtklima?“, gibt Muhle die Marschrichtung vor. Letztlich könne ein solches Denken auch dazu führen, dass einzelne Straßen entsiegelt werden – „diesen Mut sollten und müssen wir haben, wenn wir etwas ändern wollen“.