Böllerverbot findet keine Mehrheit

Presseartikel aus „Die Glocke“ vom 04.09.2020

Redakteurin: Susanne Schulte-Nölle

Rietberg (ssn) – In Rietbergs historischer Altstadt darf auch weiterhin an Silvester und Neujahr privat geböllert werden. Mehrheitlich hat der Rat einen Verbots-Antrag der SPD abgelehnt. Die argumentiert angesichts der Vielzahl an Fachwerkhäusern entlang der engen Gassen mit erhöhter Brandgefahr.

„Hier geht es um die Sicherheit unserer Stadt“, fand SPD-Ratsfrau Ursula Ecks deutliche Worte, und Fraktionschef Gerd Muhle verwies darauf, dass viele Bürger ihm gegenüber ebenfalls ihre Besorgnis kundgetan hätten. Der Vorstoß sei daher keinesfalls aus der hohlen Hand heraus formuliert.

CDU und FWG halten Appell für ausreichend

Dem konnte die CDU zwar im Ansatz folgen. Ein Verbot kommt für die Christdemokraten jedoch nicht in Frage. Ginge von Silvesterraketen und Co. tatsächlich eine reale Bedrohung für den historischen Ortskern aus, sei man freilich gehalten, zu handeln, meinte Fraktionsvorsitzender Marco Talarico. Er hielt indessen einen Appell an die betreffenden Anwohner für ausreichend. Dabei verwies er zum einen auf die – auch personell zu leistende – Herausforderung, ein etwaiges Verbot zu kontrollieren. Zum anderen müsse in diesem Fall ebenfalls exakt definiert werden, wo die Altstadt aufhört. „Ich glaube nicht, dass unsere Bürger bewusst eine Gefahr provozieren“, äußerte er abschließend.

Dr. Ute Buchheim (FWG) schloss sich der Argumentation der CDU an. Die Durchsetzbarkeit des Verbots sei sicherlich ein Problem: „Und wenn wir nichts ahnden können, ist das wie ein zahnloser Tiger.“ Nicht zuletzt lasse sich kaum ermitteln, wo genau bei einem Verstoß eine Rakete gezündet wurde, wer also der Schuldige ist, pflichtete ihr FWG-Ratsherr Hajo Ahrens bei. Einzig der ebenfalls von den Sozialdemokraten ins Feld geführte Umweltaspekt bei einem Verzicht auf die Silvestertradition fand bei den Freien Wählern Anklang. Fraktionsvorsitzender Josef Beermann regte an, für eine entsprechende Bürgerinformation die städtische Klimaschutzmanagerin Svenja Schröder ins Boot zu holen.

Rückendeckung erhielten die Sozialdemokraten von Grünen-Fraktionschef Hans-Dieter Vormittag. Er hielt eine Ermahnung der Altstadtbürger, doch freiwillig auf die Knallerei zu verzichten, für völlig ungeeignet. „Wir würden sogar noch weiter gehen als die SPD, sofern es dafür eine rechtliche Grundlage gäbe, und die Böllerei am liebsten im gesamten Stadtgebiet verbieten“, unterstrich er.

SPD-Fraktionschef kritisiert Sachdarstellung der Verwaltung

Die Genossen hatten im Rahmen ihres Vorstoßes vorgeschlagen, alternativ eine professionelle Lasershow für die Altstadt anzubieten. Während Bürgermeister Andreas Sunder dies für eine gute Idee hielt („Eine solche Show könnte das Bewusstsein stärken, grundsätzlich auf die Böllerei zu verzichten“), hob Irmgard Bartels (CDU) darauf ab, dass dann auch alle Ortsteile gleichermaßen von einem solchen Event profitieren sollten. Dies hielt sie allerdings für unrealistisch. Letztlich wurde der Antrag mit elf Ja- zu 20 Nein-Stimmen abgelehnt.

Der Diskussion vorangegangen war eine kritische Auseinandersetzung Gerd Muhles mit der aus seiner Sicht falschen sowie tendenziösen Sachdarstellung der Verwaltung zum Vorstoß seiner Partei. Diese habe nie gefordert – wie in der Beschlussvorlage als Option angeführt –, das Böller-Verbot auf das gesamte Stadtgebiet auszuweiten. „Das wäre rechtlich auch gar nicht haltbar“, unterstrich der SPD-Fraktionschef. „Und was soll der Hinweis, das Verbot könnte auch auf das ganze Jahr ausgeweitet werden?“, wollte Muhle wissen: „Das haben wir nicht beantragt.“

„Muss die Katastrophe erst passieren?“

Besonders stieß er sich an der Formulierung in der Sachdarstellung, erhebliche Brandschäden, verursacht durch Feuerwerkskörper, seien in der jüngeren Vergangenheit nicht entstanden. Wobei die Stadt gleichzeitig darüber informiere, ihr lägen zwei Anträge betroffener Anwohner des historischen Ortskerns vor – beide berichten von Raketen- sowie Brandresten auf Dächern und Flachdachbereichen. „Muss die Katastrophe erst passieren, damit ein Verbot erlassen wird?“, fragte Muhle.

Rathauschef Andreas Sunder wies die Kritik zurück. Die Verwaltung habe lediglich dargestellt, welche weiteren Möglichkeiten mit dem Antrag verbunden sind. Auch gehe man detailliert auf die von der SPD angeführte Brandgefahr ein.