
Der Abstimmung im nichtöffentlichen Teil der Sitzung war eine hitzige und selten so emotional aufgeladene Debatte vorausgegangen. Stein des Anstoßes war die Veröffentlichung einer gemeinsamen Stellungnahme des CDU-Stadtverbands und der CDU-Fraktion am Sitzungstag („Die Glocke“ berichtete). „Ich finde die Haltung der CDU beschämend und schädigend für die Stadt und die gesamte Bürgerschaft. Den städtischen Betrieb schlecht reden, das tut man nicht. Ich bin stinksauer“, erregte Ute Buchheim (FWG) sich lautstark.
Die Anregung von Marco Talarico (CDU), auf die sachliche Ebene zurückkehren, ging im Gelächter der Befürworterparteien unter. Auch nach Durchsicht des 400 Seiten umfassenden Angebots der Stadtwerke Soest – drei weitere Interessenten schieden im Auswahlverfahren aus – glaubt die CDU nicht daran, dass mit dem Vertrieb von Strom und Gas Rendite zu machen ist.
CDU-Fraktionschef Marco Talarico vermisst in dem Vertragswerk zudem eine Ausstiegsklausel, eine Regelung der Vermögensanteile sowie eine Klärung des Abstimmungsverhältnisses und meinte: „Das sind doch keine nebulösen Forderungen, sondern ganz sachorientierte Punkte.“ Davon abgesehen stehe Rietberg vor anderen gewaltigen Herausforderungen, wie der Sanierung des Schulzentrums, der Schaffung von Wohnraum, der Ausweisung neuer Gewerbeflächen und den Erhalt der Infrastruktur im Außenbereich. „Die Gründung eigener Stadtwerke zählt definitiv nicht zu den wichtigen Aufgaben“, meint der Christdemokrat.
Bürgermeister Andreas Sunder zeigte sich über die öffentliche Stellungnahme der CDU ebenfalls „enttäuscht“ und erklärte, dass das Angebot der Stadtwerke Soest auf einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung beruhe, die nach kurzer Anlaufzeit sehr wohl eine monetäre Tragfähigkeit verspreche. Die Stadt beteilige sich an dem vorgelegten „Rundumsorglos-Paket“ der Soester mit einem Risikobeitrag von 130 000 Euro und 20 000 Euro Stammkapital. Der Verwaltungschef: „Ich finde das Verhalten der CDU schädigend für das kommunale Unternehmen“.
Gerd Muhle (SPD) stieß ins gleiche Horn wie Bürgermeister Andreas Sunder und versicherte: „Wir werden das Stadtwerk in interkommunaler Zusammenarbeit mit dem strategischen Partner Langenberg auch ohne die CDU gründen.“ Und dafür gebe es sehr gute Gründe, nämlich Unabhängigkeit, mehr Selbstständigkeit, die Stärkung der regionalen Wirtschaft und des Selbstbewusstseins. „Nach Möglichkeit werden wir auch die Netze kaufen.“ Das ist der CDU schon gar nicht recht. Talarico: „Die müssen dann aber zukunftsfit gemacht werden, und das bedeutet noch mehr Kosten.“
Sunder erinnerte in diesem Zusammenhang an das Vorgehen der CDU im Februar 2014, als die Stadtwerke schon einmal zum Greifen nahe waren, die Christdemokraten aber „auf der Zielgeraden einen Rückzieher gemacht haben, obwohl es vorher einstimmige Beschlüsse gab“. Damals habe die Stadt im Vorfeld bereits mehr Geld in Beratungskosten investiert, als jetzt in die Risikoeinlage. Sunder: „Das muss man mal ins Verhältnis setzen.“