
Rietberg (WB). Eigene Stadtwerke gründen? Kooperieren? Den Konzessionsvertrag mit der RWE verlängern? Darüber müssen Rietbergs Politiker bald entscheiden. Der Vertrag mit dem Gas- und Stromversorger endet. Dass das Thema erst jetzt auf die Agenda kommt, macht SPD-Fraktionschef Gerd Muhle wütend. Er stellt sich den Fragen von WESTFALEN-BLATT-Redakteurin Meike Oblau.
Das Thema Stadtwerke war im Kommunalwahlkampf 2009 das Hauptthema des SPD-Bürgermeisterkandidaten Henry Otto. Überrascht es Sie, dass Bürgermeister André Kuper das Thema jetzt für sich entdeckt?
Gerd Muhle: Nein, die Verträge laufen nun mal aus. Aber dass das Thema jetzt erst angepackt wird, dahinter steckt Absicht. Das Thema hätte, so wie wir es gesagt haben, 2009 schon besprochen werden müssen, dann hätten wir genug Vorlauf gehabt.
Und welche Absicht steckt Ihrer Meinung nach dahinter?
Muhle: Im Rat sind am Mittwoch vier Varianten vorgestellt worden: die Gründung eigener Stadtwerke, die Gründung von Stadtwerken zusammen mit einem Partner, die Gründung einer Netzgesellschaft mit Verpachtung an einen Partner und der Neuabschluss eines Konzessionsvertrages. Variante eins wird von der Verwaltung von vornherein als oberspekulatives Aktienpaket abgetan, man geht nicht objektiv an die Sache heran. Somit wird die Gründung eigener Stadtwerke ohne Partner von vornherein ausgeschlossen. Durch die späte Diskussion bleibt dafür auch jetzt gar keine Zeit mehr. Das Thema hätte vor der Wahl schon angepackt werden müssen, da hat man sich gescheut, weil es ja ein SPD-Thema war. Und jetzt kommt die Thematik zum letztmöglichen Zeitpunkt auf die Tagesordnung.
Die Stadtverwaltung hat doch ein unabhängiges Gutachten der Firma Rödl und Partner eingeholt.
Muhle: Unabhängig? Die Frage ist doch erst einmal, welche Vorgaben die Stadtverwaltung gemacht hat, bevor dieses Gutachten erstellt wurde. Man kann so ein Gutachten ja auch in gewünschte Bahnen lenken. Angeblich soll jetzt ergebnisoffen diskutiert werden. Da frage ich mich zum Beispiel, warum nicht mal Vertreter der Stadt Versmold zu einem Gedankenaustausch eingeladen werden, dort wurden eigene Stadtwerke gegründet, und wir könnten uns deren Erfahrungen doch mal anhören. Aber nein, das ganze Verfahren in Rietberg ist inszeniert, und ich gehe heute schon jede Wette ein, dass es letztendlich auf eine Vertragsverlängerung mit der RWE hinausläuft.
Wie wird die SPD den Diskussionsprozess jetzt begleiten?
Muhle: Wir werden intensiv mitdiskutieren und uns auch mit Henry Otto noch einmal beraten, den ich für einen ausgewiesenen Experten in dieser Sache halte. Eine Vertragsverlängerung mit der RWE trägt die SPD nicht mit, so viel ist sicher.
Westfalen-Blatt vom 09.10.2010